Unterstützung von
Amyloidose-Patient:innen
durch Partner:in & Familie
Der Krankheit mit Liebe und Geduld begegnen
Die Diagnose „Transthyretin-Amyloidose“ ist nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für (Ehe)partner:innen, die Familie und Freunde eine neue Situation, mit der man sich zurechtfinden muss. Auch wenn es nach einem langen Diagnose-Irrweg erleichternd ist, die Ursache der Beschwerden zu kennen, müssen die Tragweite der Diagnose und das Wissen über die Krankheit von allen verarbeitet werden.
Dr. Lüke im Interview
zu Hilfe durch Freunde und Angehörige
Hilfe für Angehörige zu leisten, kann kräftezehrend sein. Trotzdem gilt es, das Leben zu meistern. Die Ehefrau eines Betroffenen gibt folgende Tipps für den Alltag:
- Nehmen Sie jeden Tag, wie er kommt.
- Lernen Sie so viel über die Erkrankung, wie Sie können.
- Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus, zum Beispiel über Patientenverbände.
- Setzen Sie auf Liebe, Geduld und Humor.
- Akzeptieren Sie bei der erblichen Form der Transthyretin-Amyloidose die Sicht Ihrer Familienangehörigen. Die Entscheidung für oder gegen einen Gentest ist individuell. Natürlich möchte man die Familie vor Leid bewahren. Doch niemand kann das Leben der anderen leben.
Auf aktivierende Pflege achten
Die schwere Erkrankung eines Angehörigen ist für Pflegende eine körperliche und psychologische Herausforderung. „Aktivierende Pflege“ ist dabei ein Pflegegrundsatz, der Pflegebedürftigen langfristig eine größtmögliche Selbstständigkeit vermittelt.
Es gilt, vorhandene Fähigkeiten zur Selbstversorgung zu erhalten, da damit auch Würde und Selbstwertgefühl der Betroffenen verknüpft sind. So macht es zum Beispiel einen Unterschied, ob Patient:innen gekämmt werden oder den Kamm selbst in der Hand halten, während ihre Hand sanft geführt wird. Gleiches gilt beim Essen, Waschen und Umgang mit sensiblen Körperbereichen.
Das Konzept der aktivierenden Pflege trägt maßgeblich dazu bei, die Würde der Betroffenen zu erhalten und kann in Kursen erlernt werden.
„Lernen Sie Hilfsangebote anzunehmen.“
– Dr. Renate Fiedler, Amyloidose-Selbsthilfegruppe "AmyS"
Beruf & Soziales
Wie lange der/die Betroffene in seinem Beruf bleiben kann, ist vom Verlauf der Krankheit abhängig. Ausführliche Informationen, auch zu arbeitsrechtlichen Fragen erhalten Sie unter hilfefuermich.de | Beruf und Soziales
Partnerschaft
Eine Erkrankung wie die Transthyretin-Amyloidose hat erhebliche Auswirkungen auf die Partnerschaft. Lesen Sie hier, wie Sie mit sensiblen Themen wie Sexualität umgehen können.
Vorsorge treffen
Dem pflegebedürftigen Partner stehen Hilfs- und Pflegeleistungen zu. Welche für Sie in Frage kommen, können Sie im Rahmen einer kostenlosen Pflegeberatung erfahren. Diese kann auf Wunsch auch bei Ihnen zu Hause erfolgen. Mehr Informationen dazu und auch zu Themen wie Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht erfahren Sie hier:
Reisen
Eine Begleiterscheinung der Transthyretin-Amyloidose können Durchfälle sein. Diese können die Mobilität der Betroffenen stark einschränken, da im Notfall eine Toilette nicht immer unmittelbar zur Verfügung steht. Mehr Informationen zu Reisen mit seltenen Erkrankungen erfahren Sie hier:
Tipp: Passende Ernährung kann bei Durchfällen helfen. Laden Sie sich hier eine Ernährungsbroschüre für ausgewogene Amyloidose Ernährung mit vielen Tipps herunter.
Fünf Jahre Transthyretin-Amyloidose –
Bericht einer pflegenden Ehefrau
„Eine Herzspezialistin stand am Beginn unserer Diagnose-Odyssee. Sie stellte eine Verdickung an einer Herzwand fest, die auch auf Anraten weiterer Spezialisten so häufig wie möglich kontrolliert werden sollte. Dann traten Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Füßen auf. Wir suchten einen Neurologen auf. Die Ursache für die Beschwerden war zu diesem Zeitpunkt unauffindbar. Unzählige Arztbesuche folgten. Das ging zwei Jahre lang so. Mein Mann war drei- oder viermal im Krankenhaus für alle möglichen Tests. Ohne Ergebnis. Da die Ursache seiner Beschwerden nicht gefunden werden konnte, erklärte man uns, dass diese wahrscheinlich altersbedingt aufgetreten sind. Ein Karpaltunnel-Syndrom brachte die Ärzte dazu, sein Krankheitsbild neu zu überdenken. Daher wurden meinem Mann Gewebeproben aus einem Nerv im Fuß und dem Herzen entnommen. Dank des Abgleichs dieser Ergebnisse stand endlich die Diagnose „Transthyretin-Amyloidose“ fest – wir wussten leider überhaupt nicht, was das war.
Alltag nach der Diagnose
Natürlich haben wir uns im Internet informiert, was das für eine Krankheit ist. Damals gab es jedoch nur wenige Informationen. Wir lernten, mit den Alltagsproblemen zu leben. Meistens sind wir zu Hause. Ein soziales Leben können wir im Grunde nicht führen. Mein Mann versucht, mit der Taubheit seiner Hände und Füße zurechtzukommen. Das ist herausfordernd. Er kann zum Beispiel keine Knöpfe öffnen oder schließen. Seine Hosen sind etwas größer als normal, damit er sie alleine hochziehen kann. Ausziehen kann er sie wegen des Hosenknopfes nicht. Er ist daher ständig auf meine Hilfe angewiesen und ich bleibe in seiner Nähe. Ist das nicht möglich, hat er immer sein Telefon dabei. Für Reißverschlüsse haben wir eine Verlängerung, damit er sie eigenständig öffnen kann. Es gibt viele kleine Hilfsmittel, die den Alltag etwas erleichtern. Aber am schwersten von allem ist es, mit den Durchfällen umzugehen. Aus Unterhaltungen mit anderen Betroffen wissen wir, dass unkontrollierbare Durchfälle das Leben besonders schwer machen. Da mein Mann sich aufgrund der Taubheit seiner Hände nicht alleine umziehen kann, helfe ich ihm dabei. Er leidet sehr darunter, aber wir müssen irgendwie damit umgehen. Und der einzige Weg, wie das gelingen kann, ist Liebe. Es zerreißt einem das Herz, jeden einzelnen Tag, an dem man seinen kranken Partner sieht. Ich versuche zum Beispiel, seine Beine zu massieren. Doch er kann es nicht spüren. Schmerzen hat er trotzdem. Wegen der Durchfälle hat mein Mann in einem Jahr 20 kg abgenommen. Ich habe ihn vor meinen Augen verschwinden sehen.
Was bleibt, ist unser Humor. Selbst während der Badezimmer-Episoden versuchen wir, gemeinsam zu lachen. Was bleibt uns anderes übrig? Natürlich haben wir eine Pflegehilfe angeboten bekommen. Aber diese ist nur zu bestimmten Zeiten anwesend – und bestimmt gerade dann nicht, wenn nachts eine Durchfall-Attacke kommt. So müssen wir uns damit alleine arrangieren.
Achte auf Dich – das ist leichter gesagt als getan
Wenn man einen anderen Menschen pflegt, vergisst man sich komplett. Rückblickend hätte ich mehr auf mich achten sollen. Aber wie soll das gehen? Wenn ich nicht mehr kann, dann weine ich. Ich weine und weine. Aber ich muss das Leben annehmen, wie es ist.
Mein Mann hat die erbliche Form der ATTR-Amyloidose. Deshalb haben wir mit der Familie gesprochen. Ein Teil der Familie hat einen Gentest gemacht – jedoch nicht alle.
Wir haben verschiedene Menschen kennengelernt, die die Ursache ihrer Beschwerden nicht ergründen wollten. Manche möchten sich nicht mit der Erkrankung auseinandersetzen.
Letztendlich ist die Entscheidung für oder gegen einen Gentest sehr individuell. Das Wissen über die Symptome ist jedoch wichtig, damit man dann rechtzeitig zum Arzt gehen kann. Deshalb ist es notwendig, so viel über die Erkrankung zu erfahren, wie nur möglich.“